01
Februar
2023

„Verzeihen (können)“

„Wir sollen immer verzeihen, dem Reuigen um seinetwillen, dem Reuelosen um unsertwillen.“ ¹                              Marie von Ebner-Eschenbach

Verzeihen können ist ein großes Thema für so eine kleine Monatspost. Deshalb erwarten Sie bitte keine vollumfängliche Beleuchtung dieses hochkomplexen Themas. Es geht eher darum, einen Impuls, einen kleinen Lichtstrahl ins Dunkle zu senden.

Verzeihen dient scheinbar zuallererst demjenigen, dem ein Fehlverhalten verziehen wird.

Manchmal fühlt man sich so tief verletzt, so sehr gekränkt, dass es gilt ähnliche Erfahrungen künftig zu vermeiden. Ähnlich einer Verbrennung wird die Erfahrung kultiviert und wieder und wieder erinnert, in dem Bestreben sich zu schützen. Damit kommt weder die verletzte Person zu innerer Ruhe noch die Person, die absichtlich oder unabsichtlich die Verletzung herbeiführte. Was genau wird benötigt, um Verzeihen zu können? Ein gut gehegter Groll ist wie eine Wunde, die wieder und wieder aufgekratzt wird. Diese Wunde kann nicht heilen.

Doch was genau stellt im Beziehungsleben Salbe und Binde dar? Wie geht Verzeihen-können? Im Kindesalter wird oft gesagt: „Gebt Euch die Hand und vertragt Euch wieder.“. Fertig, der äußere Frieden ist damit wieder hergestellt. Doch wie sieht es mit dem inneren (Un-)Frieden aus? Kann die Wunde unter dem eilig übergeklebtem Pflaster heilen?

Verzeihen ist loslassen. Ich lasse die Verletzung und die Vergangenheit los und gebe die Person, die mich verletzt hat frei. Klingt nach der Abnahme der Bürde der Verantwortung, die doch eigentlich von der- / oder demjenigen zu tragen ist, woher die Verletzung kam. Tatsache ist, dass mein eigener Fokus an meinen Verletzungen kleben bleibt. Wenn ich verzeihe und damit loslasse, kann ich meinen Fokus auf das Schöne im Alltag richten. Ich lasse Groll und Schmerz los und öffne mich dem, was mir gut tut, meine Seele wärmt, mich heilen lässt. Die Herausforderung besteht darin, den eigenen Selbstwert, den eigenen Stolz in Würde zu behalten. Losgelassen wird beim Verzeihen lediglich das Festhalten des Grolls, das Anhaften an die Erinnerung der Verletzung. Manchmal ist es hilfreich, sich zu vergegenwärtigen, dass kein Mensch ohne Fehl und Tadel ist. Wir alle möchten, dass uns unsere Fehltritte, unser Zu-weit-Gehen, unsere Verletzungen, die wir anderen zumeist unabsichtlich zugefügt haben, vergeben werden. Möglicherweise ist es hilfreich, den Prozess des Verzeihens dadurch zu ebnen, indem ich den ersten Schritt gehe und mich auf mein Gegenüber zu bewege.

  • Was benötigen Sie, um einer Person verzeihen zu können?
  • Wie genau machen Sie deutlich, dass Sie ihm / ihr verziehen haben?
  • Welche Ihrer Beziehungen konnte heilen, dadurch, dass sie verzeihen konnten? Wie hat sich Ihr Verzeihen können auf Ihre Beziehung ausgewirkt?
  • Wer könnte Ihr Vorbild für das Verzeihen-können sein? Was genau konnten / könnten Sie von Ihrem Vorbild zur Kunst des Verzeihens lernen?

 

Wir wünschen Ihnen die Fähigkeit, Verzeihen und Vergeben zu können.

Katrin Firmthaler-Ködel und Diana Aust

[1] Quelle: http://zitate.net/verzeihen-zitate am 07.03.2022