Ein Denkmal im Herzen

Ein Denkmal im Herzen

 

Er saß auf seiner Terrasse hinter dem Haus in seinem weiß-blau gestreiftem Strandkorb. Vor dem Haus verlief die Straße. Gegenüber vom Hauseingang, auf der anderen Straßenseite, lag das Dorf. Hinter dem kleinen Haus im Bungalow – Stil lagen Wiesen und Felder. Dort verlief ein von Weiden gesäumter Bach.
Er ließ seinen Blick schweifen. Er genoss den Frieden der Natur und die Weite. Die Erde der Felder lag nackt da. Durchzogen von Stoppeln sah das Feld aus wie ein liederlicher Stoppelbat. Er sah, wie der Wind die Kronen der Weiden kämmte. Auf der Haut war nur ein laues Lüftchen zu spüren, das nicht zu den Bewegungen der Baumwipfel passte. Die Sonne schien milde wärmend auf die weite Kulisse aus Feld und Flur.
Vor ihm auf dem kleinen, beweglichen Tischchen an seinem Strandkorb, lag sein Schreibzeug. Ein Buch in der Größe eines kleinen Schulheftes mit festem Einband. Das schwarz-gold glänzende Material des Einbandes hatte eine rautenförmige Prägung, die er mit seinen Fingern beim Aufklappen spürte. Mit dieser Handbewegung traten gelbliche Seiten mit hellgrauen Linien zum Vorschein. Die leeren Seiten strahlten ihm voller Erwartungsvorfreude entgegen. Sie sehnten sich danach von ihm beschrieben zu werden, um so ein Gesicht, eine Geschichte zu bekommen.
Er nahm seinen Füller, der ihn seit der Studienzeit begleitete, in die Hand. Der Füller schien sich in seine Hand zu schmiegen. Kaum schlossen sich seine Finger um das Grifffeld des Füller strebte die silberne Feder den gelben Seiten entgegen. Die Feder streichelte das feste Papier und hinterließ dabei königsblaue Schleifen, Striche und Punkte darauf. Die Feder folgte den hellgrauen Linien.
Kaum hatte er sein Gesicht dem Buch zugeneigt, stiegen in ihm schöne Erinnerungen an den geliebten Menschen wie Blasen in seinem Selterglas nach oben. Wenn er diese besondere Person auch schon lange vermisste, sah er die gemeinsamen Momente jetzt wieder wie einen Film vor seinen Augen. Die Erinnerungen flossen direkt durch seine Hand in die Tinte der Feder.
So gelangten nun vergangene, kleine Augenblicke mit allen Emotionen zu Papier. Damit schuf er bleibende Erinnerungsschätze, die für ihn bedeutsam waren. Zugleich stellte er damit seinen verstorbenen Menschen vielen anderen vor. Nach nur 10 Minuten konzentrierten Schreibens stand in seinem Buch:

Hier ist Platz für Ihre Erinnerungsschätze an eine verstorbene Person. Wir freuen uns darauf, sie kennen zu lernen.

Durch dieses Zitat, welches ich in den letzten Jahren häufig für Trauerkarten verwendet habe, wurde ich dazu inspiriert.

Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen der Mitmenschen.

Albert Schweitzer (1875-1965), elsäss. ev. Theologe, Musiker, Arzt u. Philosoph, 1952 Friedensnobelpr.

Quelle: https://www.zitate.de.

Meine Erinnerungsgeschichte zum Totensonntag 2023: „Lila Schmetterlingsfreundin“

von Aurelia Stevens

Unser aktueller Flyer

Flyer-Vorderseite
Flyer-Rueckseite

Diese Webseite verwendet nur technisch-notwendige Cookies. Mehr dazu erfahren Sie in unserer Datenschutzerklärung.